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25. Januar 2016

Daten und Fakten zur Arzneimitteltherapiesicherheit in Alten- und Pflegeheimen

Je älter der Mensch wird, desto mehr nehmen chronische Erkrankungen zu. Da diese häufig mit einem Verlust an Selbständigkeit einhergehen, findet man gerade in Altenheimen vermehrt Bewohner mit einem komplexen Krankheitsbild. Betrachtet man die Gruppe der über 80-jährigen Bewohner von Altenheimen, so findet man bei der Hälfte eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, knapp ein Drittel ist an Demenz erkrankt und 17% haben die Diagnose einer Depression (1). Die Prävalenz von Schmerzen in stationären Senioreneinrichtungen liegt zwischen 49 und 83% (2). Rund 40% der Bewohner haben gleichzeitig mehrere Erkrankungen (1).

Die vielfältigen Krankheitsbilder führen dazu, dass die meisten Bewohner von Altenheimen viele Medikamente einnehmen müssen. Eine Untersuchung der BKK zeigte, dass Heimbewohner im Durchschnitt 32,8 Arzneiverordnungen pro Jahr erhalten. 13% der Heimbewohner erhielten mehr als 60 Verordnungen (3).

Die gleiche Analyse zeigt, dass 40% der Bewohner Antikoagulantien zur Blutverdünnung oder Neuroleptika, die gegen Hirnleistungsstörungen wie Demenz und Depression verordnet werden, erhalten. Die Prävalenz der Schleifendiuretikaverordnungen beträgt 37%, 30% der Bewohner erhalten sogenannte nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und 27% werden mit Herzglykosiden behandelt, die bevorzugt gegen Herzinsuffizienz verordnet werden. Gerade diese vier Arzneistoffe haben ein besonders hohes Risikopotential für unerwünschte Arzneiwirkungen.

Zudem ist seit 2007 bekannt, dass gerade diese vier Arzneimittel diejenigen sind, die am häufigsten zu Krankenhauseinweisungen beitragen (4).

Eine Untersuchung aus dem Jahre 2006 in Münchener Altenheimen stellte fest, dass 56% der Bewohner Psychopharmaka erhalten – zudem wurde hier bei 17% diese Verordnung länger als 3 Monate nicht überprüft (5).

Bislang liegen jedoch nur wenige Daten zur Arzneimittelsicherheit in Altenheimen vor. Eine Untersuchung in elf Einrichtungen in NRW aus dem Jahr 2010, an der 778 Heimbewohner beteiligt waren, zeigte eine Rate an unerwünschten Arzneimittelereignissen (UAE) von 10,3% (5). Knapp 60% dieser UAE wurden von Experten als potentiell vermeidbar eingestuft, 6,5% als im Schweregrad potentiell verminderbar.

Zudem wurden in dieser Untersuchung eine Vielzahl an arzneimittel-bezogenen Problemen (ABP) beobachtet. Von 1493 dokumentierten ABP entfiel knapp die Hälfte auf die Dokumentation der Arzneimitteltherapie, ca. 35% auf die Lagerung und rund 16% auf die Dispension von Arzneimitteln. Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, haben die Wissenschaftler in einem multidisziplinären Expertenworkshop verschiedene Verbesserungsmaßnahmen in Form von Schulungen und Fortbildungen für Pflegende und Hausärzte entwickelt (6). Sie konnten diese jedoch nur in vier der elf Einrichtungen implementieren. Die Autoren halten es für möglich, dass es Vorbehalte seitens der Altenheime oder der Hausärzte gab.

Die Autoren berichten, dass die Kooperationsbereitschaft der Pflegenden hoch war, die Einbindung der Hausärzte sich jedoch schwierig gestaltete. Beispielsweise wurden Schulungen vom Pflegepersonal schneller und besser angenommen als von Ärzten. Die Autoren halten es daher für notwendig, die Hausärzte bei solchen Projekten besser einzubinden. Auch die Expertise der Apotheker, zu deren gesetzlicher Aufgabe die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung gemäß § 1a Apothekenbetriebsordnung zählt (Apothekenbetriebsordnung Neufassung 1995), wird selten bis gar nicht hinzugezogen.

Das Risiko, ein UAE zu erleiden, steigt mit zunehmendem Lebensalter. Dies wird von Experten auf ein verändertes Verhalten des Wirkstoffes im Körper zurückgeführt (7,8).

Sowohl die Wirkung auf den Körper (Pharmakodynamik) als auch die Verteilung und Verstoffwechselung eines Arzneimittels im Körper (Pharmakokinetik) ändern sich bei alten
Menschen. Allgemein steigt das Risiko mit der Menge der täglich einzunehmenden Arzneimittel (9,10).

Im Gegensatz zu jüngeren Patienten kommt der Organismus der Hochbetagten schnell an seine Grenzen, wenn es darum geht, eine unerwünschte Interaktion von Arzneimitteln zu kompensieren. Deswegen sollten bestimmte Arzneimittel bei älteren Patienten nicht eingesetzt werden (11,12).

Hierfür wurden sogenannte PIM Listen (Liste potentiell inadäquater Medikamente) entwickelt, die eine Auflistung von Medikamenten enthalten, deren Einsatz bei alten Menschen zumindest als problematisch erachtet wird. Es handelt sich bei diesen Listen allerdings um reine Expertenmeinungen ohne wissenschaftliche Studienevidenz, weshalb PIM-Listen durchaus umstritten diskutiert werden. Daher gilt es, zusätzliche Ansätze zur Bewältigung dieser Herausforderung zu entwickeln.

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